Auf gute Nachbarschaft

Die Weinrunde im Trentino

Tagebucheintrag vom 7.11.14

Die „bollicine“, also Schaumweine, die in der Flasche vergoren werden, sind ein Thema, dem wir uns bisher nicht wirklich intensiv gewidmet hatten. Da es in unserer Nachbarprovinz Trentino, aber auch in Südtirol einige namhafte Hersteller von hochwertigen Schaumweinen gibt, wollten wir diese Lücke schließen und gleichzeitig auch die Gelegenheit nutzen, einige interessante Rotweine zu verkosten.

06-Trentino Doc 2014 Nov (44)Die Tour beginnen wir mit der Tenuta San Leonardo, wo uns Fulvio, der Verkaufsleiter und eloquenter Sommelier, freundlich empfängt. Der Ansitz blickt auf eine lange Geschichte zurück. Um 1300 n.Ch. ging das damalige Kloster an die „frati crociferi“, die bereits mit der Kultivierung von Wein begannen. Im Jahre 1724 übernahmen die Vorfahren des jetzigen Besitzers, Marchese Carlo Guerrieri Gonzaga, das Gut. Es war die Geburtsstunde der Tenuta San Leonardo.

Ein Spaziergang durch das weitläufige Gelände zur Sommerresidenz der Marchesi mit dem wunderschönen kleinen 04-Trentino Doc 2014 Nov (33)botanischen Garten gibt Einblick in die Sorgfalt, mit der das Gut geführt wird. Dies gilt auch für das kleine Museum, in dem alte Arbeitsgeräte ausgestellt werden, die auf dem autark bewirtschafteten Gut in den letzten Jahrhunderten zum Einsatz kamen, wie z. B. eine Weinpresse aus dem 17. Jh. Eine große Leidenschaft des jungen Marchese sind alte Traktoren, die er in einem Schuppen abgestellt hat und noch funktionstüchtig sind. Die ältesten Modelle stammen aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Wie uns Fulvio ausführlich erklärt, gehören zum Gut insgesamt knapp 300 ha Grund, wovon auf etwa 30 ha Reben gepflanzt sind, sowohl die „pergola trentina“ als auch das Gujot-System werden eingesetzt. Erstere eignet sich vor allem für den Carmenere, der von Verrieselung betroffen ist. Das besondere Mikroklima, bedingt durch die 05-Trentino Doc 2014 Nov (36)Steilwände, die gegen Osten aufragen, gewährleistet optimale Bedingungen für die Trauben.

Vor 60 Jahren wurde mit der Klonselektion begonnen. Aus der Zusammenarbeit mit dem legendären Giacomo Tachis, der vo n 1984 – 2001 als Önologe für das Weingut arbeitete, kamen die heutigen Cabernet-Sauvignon-Klone hierher. Der San Leonardo, der wohl bekannteste Wein des Gutes, wird aus alten Reben gekeltert.

Die Rotweine werden ausschließlich im Zement vergoren, ohne Temperaturkontrolle und mit dem Einsatz von eigenen Hefen. Der San Leonardo wurde 1982 zum ersten Mal produziert und heimste in der Folge eine Auszeichnung nach der anderen ein. Er wird allerdings nur in wirklich guten Jahrgängen produziert. Die anschließende Verkostung gibt einen Einblick in die Ambitionen des Marchese: In den Weinen soll sich das Terroir widerspiegeln.

Wir beginnen mit dem Sauvignon blanc Le Vette 2013, der sich saftig-salzig präsentiert, mit Noten nach Holunder, Grapefruit und etwas Brennessel. Der rote Terre di San Leonardo 2011, sozusagen der kleine Bruder des San Leonardo, reift 18 Monate im Holzfass und 6 Monate auf der Flasche, bevor er in den Verkauf gelangt. Wir sind uns einig: ein schöner, sehr trinkiger Wein mit einem tollen Preis-Leistungsverhältnis. Der Villa Gresti 2008, ein Merlot mit 10 % Carmenere, reift ein Jahr im Barrique und zusätzliche 2 Jahre auf der Flasche. In der Nase präsentiert er sich mit Noten von Weichselkirschen, dunklen Beeren, im Mund mit einer schönen Mineralität und Saftigkeit.

Während der Verkostung erzählt uns Fulvio fast beiläufig, dass er der jüngste Sommelier Italiens war. Damals, das dürfte unserer Schätzung nach gut 20 Jahre zurückliegen, hat er mit 17 Jahren die Ausbildung abgeschlossen und danach verschiedene Auslandserfahrungen gesammelt, unter anderem im „Tantris“ in München bei Paula Bosch und Hans Haas.

Das Highlight der Verkostung ist, wie nicht anders zu erwarten, der San Leonardo. Fulvio öffnet den Jahrgang 2007. Er präsentiert sich mit einem vielschichtigen Bukett nach dunkler Schokolade, Lakritze, leicht vegetal-würzigen Noten, am Gaumen voll, mit einer feinen Tanninstruktur und großer Eleganz.

Leider bleibt keine Zeit mehr, einen älteren Jahrgang zu verkosten, da unser nächstes Ziel bereits wartet, nämlich die Azienda Agricola Bellaveder in Faedo.

Der Besitzer, Tranquillo Luchetta, ein hochgewachsener, robuster Mann mit markantem Schnauzbart, begrüßt uns08-Trentino Doc 2014 Nov (90) freundlich. Er erklärt uns, dass er das Weingut vor 10 Jahren von seinem Schwager übernommen und sukzessive größere Veränderungen im Weinberg wie auch im Keller vorgenommen hat. Auch wenn er noch kein alter Hase ist und Autodidakt, durch seine Passion für den Wein gleicht er einiges an fehlender Erfahrung aus.

Bereits seit 2007 wird hier nach biodynamischen Grundsätzen gearbeitet. Ab nächstem Jahr darf der Betrieb offiziell das Label „Bio“ führen. Die Gesamtproduktion beläuft sich auf 60.000 Flaschen Stillwein sowie 12-15.000 Flaschen Schaumwein, die Rebfläche beträgt insgesamt 12 ha.

Luchetta erzählt uns auch einiges über den Lagrein, der hier wächst und laut neueren genetischen Untersuchungen der „Sohn“ des Teroldego ist. Er meint, der Lagrein habe die bessere Performance als der Teroldego. Sein Lagrein kommt von alten Reben, die auf der pergola trentina erzogen sind.

Für die Schaumweinerzeugung werden ausschließlich weiße Trauben vergoren. Die DOC-Bestimmungen sehen vor, dass die Bezeichnung Riserva nach 36 Monaten, die der Wein auf der Hefe liegt, gegeben werden darf. Wichtig sei, meint Luchetta, dass die Weine nach der Degorgierung mindestens ein Jahr in der Flasche reifen können, dann wären sie gut. Es bräuchte eben etwas Geduld.

09-Trentino Doc 2014 Nov (91)Wir beginnen die Verkostung mit der Riserva  Brut Nature 2010. Nature steht für pas dosè, das heißt, es wird keine Dosage zugesetzt. Der Grundwein besteht aus 100 % Chardonnay. Im Mund präsentiert sich der Wein mit einer markanten Säure, erinnert an grünen Apfel und Brotrinde. Es folgt die Riserva Brut 2009, der vielleicht durch die zugesetzte Dosage etwas alkoholisch wirkt. Die Aromen erinnern an Nüsse, Sultaninen und exotische Früchte wie Mango. Der Gewürztraminer 2013, den wir verkosten, duftet betörend nach Rosen, überrascht durch seine Harmonie und den runden Körper. Für 11 Euro ein sehr interessanter Wein! Der Blauburgunder Riserva 2012 hat eine schöne Frucht in der Nase, am Gaumen zeigt er sich aber betont bitter und rauchig.

Interessant sind wiederum der Lagrein 2012, der nach Veilchen duftet und im Mund Anklänge an dunkle Schokolade hat und vor allem der Lagrein Dunkel Riserva Mansum 2011, der mit einem kräftigen Körper aufwartet. Etwas kantiger hingegen präsentiert sich der Mansum 2010.  Zum Abschluss lassen wir den Passito 2012 gegen „unseren“ Puschtra Ausbruch 2009 antreten. Beide Weine werden aus Gewürztraminer und Riesling gekeltert. Im Puschtra Ausbruch befindet sich auch ein kleiner Anteil Kerner. Der Passito von Bellaveder duftet schön nach Rosen, trinkt sich angenehm und zeichnet sich durch ein ausgewogenes Süße-Säure-Spiel aus. Der Puschtra Ausbruch, obwohl etwas zu warm kredenzt, präsentiert sich äußerst komplex, dicht und sehr lang anhaltend. In der Nase und am Gaumen finden sich Aromen nach Marille und Birne. Falsche Bescheidenheit ist hier fehl am Platz: ein Puschtra, der sich sehen und vor allem trinken lassen kann!

Der Weg führt uns weiter nach Mezzocorona zur Cantina Dorigati. Obwohl wir wieder reichlich spät dran sind, begrüßt uns Paolo, der Sohn des Hauses, recht freundlich. Die Cantina liegt etwas verwinkelt, im Hintergrund ragt die steile Felswand 750 Meter empor. Die Kellerei wurde 1858 gegründet und wird inzwischen in fünfter Generation von den Brüdern Franco und Michele Dorigati sowie dessen Sohn Paolo geführt. Vor dem Methanolskandal im Jahre 1986 war Deutschland ein Großabnehmer der Weine von Dorigati. Aus der Krise hat man gelernt und ist fast völlig weggekommen vom Verkauf von „vino sfuso“. Das Hauptgewicht liegt auf der Produktion von Teroldego, der ca. 70 % ausmacht. Weiters werden Lagrein, Cabernet Sauvignon, Blauburgunder und Chardonnay (für die Schaumweinproduktion) sowie Rebo (eine Kreuzung aus Teroldego und Merlot) angebaut. Die Cantina bearbeitet 5 ha selbst, weitere 5 ha werden von anderen Besitzern bearbeitet, welche die Trauben zuliefern. Der größte Anteil der produzierten Flaschen, nämlich 90 %, bleibt in Italien. Beim Erziehungssystem der Reben vertraut man nach wie vor auf die pergola trentina. Lieber zwei Stunden mehr im Weinberg als dann im Keller nachzubessern, meint Paolo. Wir wollen reine, klare Weine machen! Das ist das Credo der Kellerei.10-Trentino Doc 2014 Nov (106)

Der Keller, in dem die Weine lagern und reifen, scheint nicht mehr ganz modernen Ansprüchen zu genügen, doch das scheint der Ambition, hervorragende Weine zu produzieren, keinen Abbruch zu tun.

Die Schaumweine werden im Keller eines Nebengebäudes gemacht. Dazu müssen wir die Straße überqueren. Auch hier bestätigt sich der Eindruck: Hightech hat noch keinen Einzug gehalten.

Mit der Produktion des Methius, ihres Top-Schaumweines, hat die Cantina im Jahre 1986 begonnen. Von Anfang an war das Ziel klar: es sollte ein Spitzenprodukt sein, nicht irgendein Schaumwein. Der erste Jahrgang reifte 4 Jahre auf der Hefe und kam nach einem Jahr Flaschenlagerung 1991 in den Handel. Bereits 1996 gab es die begehrte Auszeichnung „tre bicchieri“ vom Weinführer Gambero Rosso. Ein Fünftel des Grundweines, bestehend aus 60 % Chardonnay und 40 % Blauburgunder,  werden im Holz vergoren. Für die Flaschengärung werden 3 verschiedene Hefestämme verwendet, was sich positiv auf die Qualität auswirke. Wichtig sei eine langsame Fermentation, das garantiere eine sehr feine Perlage. Einmal im Jahr werden die Flaschen umgelagert, um die nach der Fermentation abgestorbenen Hefen zu bewegen. Dies erfordert ein Umstapeln der Flaschen mit der Hand – eine Heidenarbeit! Nach der Degorgierung reift der Wein noch zwischen 6 Monaten und einem Jahr auf der Flasche. Die Gesamtproduktion des Methius beläuft sich auf etwa 15000 Flaschen im Jahr.

12-Trentino Doc 2014 Nov (127)Bei der anschließenden Verkostung können wir uns von der Spitzenqualität des Methius überzeugen. Der Jahrgang 2008, der letztes Jahr degorgiert wurde, präsentiert sich in der Nase mit feinen Tönen nach geröstetem Brot, die Perlage ist sehr präsent, gleichzeitig schon weich und ansprechend. Ein Erlebnis ist der Methius 2001: In der Nase Anklänge an Stachelbeere, im Gaumen elegant, samtig und saftig mit einer geschmeidigen Perlage, an einen Champagner erinnernd.

Allerdings sind auch die Rotweine sehr interessant, so z. B. der Teroldego 2012, der nach Brombeere und Sauerkirsche duftet und sich als „Spaßwein“ entpuppt. Spannend wird es mit dem Diedri 2011, einem Teroldego, der aus einer Einzellage kommt und als Riserva verkauft wird, da er 12 Monate im Barrique und 6 Monate im Stahl reift und anschließend nochmals 12 Monate auf der Flasche liegt. Er duftet nach reifen Früchten wie Brombeere und Schwarzbeere, hat aber auch würzige Noten nach Minze, im Gaumen zeigt sich ein sehr präsenter, voller Körper mit feiner Tanninstruktur. Der Diedri 2010 hingegen zeigt sich im Mund etwas unharmonisch, was wohl dem nicht optimalen Jahrgang geschuldet ist.

Inzwischen hinken wir unserem eng getakteten Zeitplan hoffnungslos hinterher. Wir sollten bereits in der Cembra Cantina di Montagna in Cembra sein, wo man uns schon erwartet. Der Mitarbeiter, der uns empfängt, wirkt etwas hektisch, die Kellerführung gerät zu einem Stationenlauf – die Zeit drängt schließlich. Beeindruckend sind die großen Fotografien, die an den Wänden im Weinkeller hängen und die Mitglieder der Cantina zeigen sowie Landschaftsaufnahmen der Gegend. Während des Kellerlaufs gibt es auch einige Erklärungen. So erfahren wir, dass die Cantina 200 Mitglieder aus dem Cembra-Tal hat. Die Rebfläche beträgt insgesamt 300 ha. Charakteristisch für die Weinberge sind die Trockenmauern, die insgesamt 700 km Länge ausmachen und die Wärme optimal speichern. Der Großteil des produzierten Weins, nämlich 90 %, ist Weißer. Die einzelnen Mitglieder bringen die Trauben, die zwar getrennt ausgebaut, dann aber assembliert werden. Insgesamt werden 350.000 Flaschen produziert. Für den Müller Thurgau 2013 gab es im Gambero Rosso die begehrten „tre bicchieri“. Trotzdem scheint dies keinen Hype auszulösen. Erstaunlicherweise gibt es ihn noch zu kaufen. Es ist eher so, dass sich die Cantina mit dem Absatz des vorjährigen Weines schwertut, wenn der neue Jahrgang auf dem Markt ist.

14-Trentino Doc 2014 Nov (141)   Wir schreiten in Siebenmeilenstiefeln durch den Keller und dann zur Verkostung und beginnen mit den Schaumweinen. Der Cembra Oro Rosso (80 % Chardonnay, 20 % Blauburgunder) gefällt durch schöne Frucht und feine Perlage. Für den Preis von 13 Euro ein äußerst interessanter Wein! Es kommt noch besser: der Oro Rosso Dosaggio Zero 2008 reift 60 Monate auf der Hefe, bevor er degorgiert wird. Wir sind uns einig: schöne Noten nach Brioche mit einer sehr lebendigen, feinen Perlage. Der Incrocio Manzoni 2010 gefällt durch seine Honignoten und Anklänge an getrocknete Marille, im Gaumen ist er elegant mit einer schönen Säure. Der Tridentum 2007 von Cesarini Sforza, der 48 Monate auf der Hefe reift, besticht durch Zitrusnoten und seine Trinkigkeit. Auch hier: für 13 Euro ein Preis-Leistungs-Knüller! Mit dem Siegerwein, dem „Muller“, wie er hier genannt wird, tun wir uns etwas schwer: er erinnert uns stark an einen Sauvignon. Zum Abschluss gönnen wir uns noch den Aquila Reale 2006, das Flaggschiff der Schaumweine von Cesarini Sforza. Der Grundwein Chardonnay reift im Barrique, was man dem Wein deutlich anmerkt: Vanille, Honig, buttrige Noten.

Den Abend verbringen wir im „Perbacco“, einem empfehlenswerten Restaurant mit guter Auswahl an „TrentoDoc-Weinen“ in Mezzolombardo.

Tagebucheintrag vom 8.11.14

9 Uhr. Start von Mezzocorona nach Pfatten ins Landesweingut Laimburg. Urban Piccolruaz, der Kellermeister des Landsweingutes, ist ein Fixstern unter den Südtiroler Kellermeistern. Die guten Kontakte, die Manfred zu Urban pflegt, ermöglichten uns bereits vor einigen Jahren einen Besuch im prunkvoll gestalteten Felsenkeller. Höchste Zeit, um die Erinnerungen etwas aufzufrischen und die exzellenten Weine aus der Hand des Hexen-, pardon Kellermeisters wieder einmal zu verkosten.

15-Trentino Doc 2014 Nov (148)Wir haben wieder die Ehre, in die „Heiligen Hallen“ einzutreten. Nach einem kurzen Rundgang durch den erweiterten Keller gehen wir über zur Verkostung. Urban, gewohnt zurückhaltend und mit leiser Stimme, gibt zu den Weinen einige Erklärungen. Der Riesling 2007 der Gutsweinlinie (die Weine dieser Linie werden traditionell im Edelstahltank ausgebaut) kommt noch von Lagen um die Meraner Gegend. Aufgrund der klimatischen Veränderungen werden jetzt Lagen im Eisacktal bevorzugt, die dank der Schieferböden auch betontere Fruchtnoten im Wein hervorbringen. Der Riesling ist auf dem italienischen Markt sehr gefragt, erzählt uns Urban. Der Wein präsentiert sich mit interessanten Petrolnoten, im Mund ist er saftig und mineralisch. Wir finden ihn äußerst elegant. Der Sauvignon 2006 der Selectionslinie hat Anklänge an exotische Früchte, eine intensive Holunderbeere. Wie Urban meint, hat der Wein keine „lauten“ Noten, die Südtiroler Sauvignon mitunter aufweisen, wie Brennessel oder gar „Katzenpisse“, sondern feine, exotische Noten. Anschließend lässt er uns die Cuvee 2006 aus Chardonnay, Sauvignon, Gewürztraminer probieren, ein Wein, der inzwischen nicht mehr produziert wird, weil er vom Markt nicht akzeptiert wurde: in der Nase etwas verhalten, im Mund reife Ananas, etwas breit, leicht buttrig mit einem dezenten Bitterton im Abgang. Der Gewürztraminer Elyònd 2005 gefällt uns sehr gut: Der Wein hat eine elegante Fülle, duftet nach Litschi und Rosen und ist am Gaumen sehr präsent.

Die Weine der Burgselektionslinie tragen ladinische Namen: eine Ehrerbietung an die ladinische Kultur, deren Sagenwelt die Bezeichnungen entstammen. Hier durfte sich Urban wohl selbst ein Zeichen setzen, stammt er doch aus dem Grödental. Es steht ihm mehr als zu, denn selten begegnet man einem so fähigen und zugleich bescheidenen, zurückhaltenden Menschen, der so viel zu erzählen hat.

Weiter geht es mit dem Barbagòl 2006 , dem „Hexenmeister, der die Sinne verzaubert“, gekeltert aus Lagrein. Er duftet nach Bitterschokolade, Kräutern, Veilchen, im Mund weist er eine schöne Fülle auf, im Abgang fällt eine betonte Bitternote auf. Der Sass Roà 2005 aus Cabernet Sauvignon (90%) und Cabernet Franc (10%) hat eine leichte Brettanomyces-Note, schwarze Johannisbeere, im Trunk vegetale Töne, ein großer, eleganter Wein! Der Col de Rey 2003 aus 50 % Lagrein, 30 % Petit Verdot und 20 % Tannat ist auch für Urban ein besonderer Wein. Wie er uns ausführlich erklärt, gebe der Tannat dem Wein Präsenz und Langlebigkeit. Weine aus dieser Rebsorte zeichnen sich durch sehr hohen Tanningehalt und intensive Farbe aus und werden wohl auch deshalb kaum reinsortig ausgebaut. Der Petit Verdot sei dem Cabernet sehr ähnlich, ergebe aber einen noch höheren Säuregehalt und kräftigere Tannine. Man habe versucht, mit dieser Rebsorte zu experimentieren. Herausgekommen ist ein Wein, der im Bukett nach Lakritze, Schwarzbeere duftet, im Gaumen saftig ist, körperreich und mit einer schönen Tanninstruktur. Den krönenden Abschluss bildet der Saphir 1997, ein Sauvignon Passito, der herrlich nach Honig, Rosinen, getrockneten Aprikosen duftet und sich im Mund durch ein äußerst elegantes Süße-Säurespiel und hohen Extraktgehalt auszeichnet. Ein Hoch auf Urban, den Hexenmeister, der mit seinen Weinen unsere Sinne zu verzaubern vermag…16-Trentino Doc 2014 Nov (162)

Die letzte Station auf unserer Entdeckungsreise ist das Weingut Haderburg in Buchholz oberhalb von Salurn. Wir werden bereits von Hannes, dem 27jährigen Sohn der Familie Ochsenreiter erwartet. In breitem Unterlandler Dialekt und mit pas-Dosè-Humor erklärt er uns kurz und bündig die Geschichte des Gutes. Sein Vater habe vor 35 Jahren nach dem Kauf des Hausmannhofs mit der Sektproduktion begonnen. Inzwischen werden 50.000 Flaschen Sekt sowie 40.000 Flaschen Stillwein auf 11,5 ha Fläche nach biodynamischen Grundsätzen produziert. Die Lagen befinden sich in Buchholz, also in der Nähe des Hofes, in Tramin, Girlan und in der Nähe von Klausen, wo die Familie den Obermairlhof gekauft hat. Von hier kommen der Sylvaner und der Riesling. Vom Schaumwein werden zwei Jahrgangsweine hergestellt, der Brut hat zwar keinen Jahrgang, de facto ist er aber auch ein Jahrgangswein.

Hannes redet so schnell, wie wir durch den Keller flitzen. So dauert es nicht lang, bis wir uns der ausführlichen17-Trentino Doc 2014 Nov (181) Verkostung des Sortiments widmen können. Hervorzuheben ist die Riserva 2005 Pas Dosè, die 8 Jahre auf der Hefe gelegen ist: dezenter Duft nach Brot, feine Perlage und große Eleganz. Den Blauburgunder 2011 finden wir ebenfalls interessant, er präsentiert sich mit feinem Tannin, saftig und lang. Der Erah 2010 (der Name leitet sich aus den Namen Erika und Hannes ab, Erika ist Hannes` Schwester) aus 60 % Merlot und 40 % Cabernet, mit einem Bukett nach Würze und Schokolade, präsentiert sich im Mund noch etwas ungestüm, aber mit guter Struktur und kräftigen Tanninen. Wir sind überzeugt: der braucht noch etwas Zeit. Der Blauburgunder Riserva 1995 ist seeehr lang. Allein die etwas eigentümliche Nase nach nassem Fell stört ein wenig. Der Perkeo 2011 ist ein gelungener Abschluss: eine Spätlese aus Gewürztraminer und Petit Manseng, einer hochwertigen, ertragsschwachen Sorte. Die Trauben vom Obermairlhof werden bis Februar/März an der Luft getrocknet und anschließend handgepresst. Nach der Vinifizierung reift der Wein zwischen einem und zwei Jahren im Barrique. Die Duftnoten erinnern an getrocknete Marille, Sultaninen, Honig, im Mund zeigt er sich sehr elegant, ausgewogen und lang. Auch der Namensgeber, nämlich Perkeo, der Hofzwerg und Hüter des Großen Fasses im Heidelberger Schloss, hätte an diesem Wein seine Freude gehabt!

Resumee: Warum denn in die Ferne schweifen, … eine Fahrt in unsere Nachbarprovinz lohnt sich allemal! Zudem lässt sie sich wunderbar verbinden mit dem Besuch einiger interessanter Kellereien im Südtiroler Unterland.

Wg

 06-Trentino Doc 2014 Nov (44)

02-Trentino Doc 2014 Nov (19)