Besuch bei Graf Enzenberg – Manincor
Es gibt Weine, die wollen jung getrunken werden. Dann nämlich strotzen sie vor Lebendigkeit und Frische. Und doch passiert es manchmal, dass eine Flasche solchen Weines im Keller liegen bleibt, womöglich vergessen zwischen den vielen anderen. Wenn man dann die Flasche irgendwann wieder entdeckt, ist die Neugier meist groß: Hat er sich gehalten oder ist der gute Tropfen schon hinüber?
So ähnlich ging es dem Verfasser mit nachstehendem Bericht, der schon vor mehr als einem Jahr hätte geschrieben sein sollen. Der Grund ein recht banaler: Das Notizbüchlein mit den Aufzeichnungen war spurlos verschwunden. Also blieb alles liegen, die Erinnerungen begannen langsam zu verblassen.
Wie beim Wein war die Freude über das Wiederauftauchen des Büchleins groß, so dass zumindest einige Aufzeichnungen den geneigten Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten werden sollen.
Noblesse oblige
Zu Besuch bei Michael Graf Goess-Enzenberg – Weingut Manincor
Der Hausherr empfängt uns freundlich im Hof seines Ansitzes Ehrenhausen/Manincor. Er hat so gar nichts vom Image eines hemdsärmeligen Weinbauern, wie es nicht untypisch wäre für diese Profession in der Gegend. Der 41jährige, hochgewachsene Graf hat durchaus etwas vornehm-aristokratisches an sich.
Das Glas trocken ausgebauten Goldmuskatellers Jahrgang ´01 in der Hand, mit dem wir zur Begrüßung angestoßen haben, begeben wir uns in die nebenan gelegene Weinlage. Dort soll die Führung beginnen.
Mit einer ausladenden Armbewegung deutet Michael Graf Goess-Enzenberg hinunter Richtung Kalterer See und erklärt, die Lagen seien Teil der 35 ha Rebfläche, die zum Besitz der Familie gehörten. Und beinahe beiläufig zeigt er auf den Hügel am anderen Ende des Kalterer Sees und meint, auch die Leuchtenburg sei eine der drei Burgen im Besitz der Familie. Doch spätestens, wenn er über das eine Jahr Aufenthalt in Santa Barbara/Kalifornien hätten ihm den Wein näher gebracht und sein Interesse geweckt.
Im Jahr 1987 hat Michael Enzenberg den Ansitz Ehrenhausen übernommen, der auf das Jahr 1608 zurückgeht und schon damals als Weinhof konzipiert wurde. Er begann, die bestehenden Vernatschstöcke zu roden und Merlot, Cabernet und andere Sorten zu pflanzen.
Von den insgesamt 35 ha Rebfläche werden allerdings nur 9 ha selbst gekeltert. Der Rest wird an die Kellerei Kaltern geliefert. Ein Grund dafür mag sein, dass der Keller heute nicht mehr den Erfordernissen eines aufstrebenden, modernen Weingutes entspricht und natürlich auch viel zu wenig Platz für die Barriques bietet, mit denen Graf Enzenberg vorzugsweise arbeitet.
Unter dem Platz, auf dem wir stehen, erklärt er, soll sich in Zukunft ein Teil des neuen Weinkellers befinden. An die 25.000 m3 sollen durch den Architekten Walter Angonese verplant werden, der bei solchen Fragen der Mann der Wahl ist. So hat er unter anderem auch den Weinkeller der Firma Hofstätter geplant.
Nicht nur architektonisch will der junge Graf eigene, ja eigenwillige Wege gehen. So experimentiert er mit Eichenholz aus eigenem Bestand, der unter der Leuchtenburg wächst, pflanzt probeweise Tempranillo, Petit Verdot, Syrah oder Sangiovese mit dem Ziel, irgendwann charaktervolle Cuvée-Weine produzieren zu können.
Auch bei der Vergärung der Weine beschreitet er eigene Wege. Nicht mehr ausschließlich Reinzuchthefen kommen zur Anwendung, sondern er setzt auf Spontanvergärung. Die dabei sich entwickelnden Weine weisen, wenn sie gelingen, mehr Charakter auf.
Großes hat der Graf vor mit seinen Weinen: Sie sollen sich an den eleganten Vorbildern aus dem Bordeaux orientieren. Adel verpflichtet.
Unterstützt wird er bei seinen ambitionierten Plänen vom jungen deutschen Önologen Thomas Teibert. Der zeige viel Gefühl für den Wein und sei ein Freigeist, wie der Graf meint.
Bei der abschließenden Verkostung können wir uns von den Fähigkeiten des Gespanns überzeugen.
Der Terlaner Weißburgunder ´01, der zum kleinen Teil im Holzfass ausgebaut wird, präsentiert sich voll und zugleich mit kerniger Säure.
Der Kalterersee Auslese ´00 schmeckt so, wie es die Betriebsphilosophie vorsieht: frisch, fruchtig und leicht zu trinken, mit typischem Bittermandelton. Der Vernatsch habe eben nicht das Zeug für einen schweren, alkoholbetonten Wein, bemerkt Graf Enzenberg wohl in Richtung einiger Weinbauern, die aus dem Vernatsch mehr zu machen versuchen, als er herzugeben imstande ist.
Sehr interessant die Fassproben der Komponenten für die „Cuvée Sophie“ ´01. Es handelt sich zu 80% um Chardonnay aus zwei verschiedenen Lagen und zwei unterschiedlichen Lesen, zu 10% um Sauvignon und zu 10% um Viognier, der dem Wein die Fülle gebe, wie Graf Enzenberg betont.
Der Blauburgunder Mason 2000 präsentiert sich weich, mit reifen Tanninen und schöner Frucht Uneinigkeit herrschte nur darüber, ob Pflaumen oder Kirschen überwiegen.
Auch der „Cassiano“ ´98, ein Cabernet Sauvignon mit kleinen Teilen Merlot und Syrah zeigt sich schön weich, mit Anklängen an Gewürze und kleine Beerenfrüchte.
Zuletzt dürfen wir noch den Spitzenwein „Castel Campan“ ´99 verkosten, einen reinsortigen Merlot, von dem schon Parker begeistert war. Auch wir geraten ins Schwärmen: ein Wein mit viel Extrakt, beinahe opulent, dabei allerdings noch recht jung und holzbetont.
Nachtrag: Da, wie schon eingangs erwähnt, fast anderthalb Jahre ins Land gezogen sind, dürfte der Bericht an Aktualität etwas eingebüßt haben. So wird der „Castel Campan“ inzwischen nicht mehr reinsortig ausgebaut, der geplante Keller ist realisiert. Eine Besichtigung steht allerdings noch aus…
wg