Klein, aber fein: Die Weinrunde bei Heinrich & Thomas Rottensteiner – Obermoser

Samstag 9. Juni 2001.

Die Fahrt auf den Hügel in St. Magdalena, ins Herzstück der klassischen DOC-Zone, öffnet eine Perspektive, die all denen entgeht, die auf der Autobahn vorbeieilen oder auf dem Weg in die Stadt sind. Hier heroben wird die Hektik des Alltags wie von einem Schutzschild zurückgeworfen. Und hier heroben bewirtschaftet Heinrich & Thomas Rottensteiner ihren Obermoser-Hof.

Auf 350 m Höhe liegt das kleine Weingut, das der Urgroßvater von Heinrich Rottensteiner 1890 erworben hat. Mit seinem Sohn Thomas und seiner Frau bearbeitet dieser heute 3,5 ha große Rebflächen, die zum Teil dicht an den Hof anschließt, weshalb wir uns für die kurze Führung im Weinberg auch nicht allzu weit wegbewegen müssen.
Die Vernatschspielarten mit 2 ha haben verständlicherweise den größten Anteil, handelt es sich doch um eine klassische Magdalener-Lage, ein halber ha fallen auf Lagrein, ein kleiner Teil auf Sauvignon und Goldmuskateller. Eine Fläche von 1 ha in Kaltern ist mit Cabernet und Merlot bestückt.

Die Weinrunde bei Heinrich & Thomas Rottensteiner

Die Weinrunde bei Heinrich & Thomas Rottensteiner

Rottensteiner setzt bei seinem Magdalener auf Qualität, weshalb auf 1 Traube pro Trieb ausgedünnt wird. Der Ertrag beläuft sich damit auf ca. 90 hl pro ha, was einer Ausbeute von 75 % entspricht. Im Vergleich dazu bringt es der Cabernet/Merlot nur auf 50 – 60 %, respektive 50 – 60 hl/ha.
War die Beschreibung im Weinberg noch etwas zurückhaltend, knapp, taut der Weinbauer bei der Verkostung seiner Weine langsam auf. Kritisch äußert er sich zur Lagrein-Euphorie. Der Lagrein sei ein Modewein geworden, der inzwischen auch dort angepflanzt werde, wo er gar nicht hingehört, denn die für gutes Wachstum notwendigen tiefgründigen Böden finde man nicht überall.
Auch der Einsatz von Barriques werde teilweise inflationär betrieben. Den 100%igen Ausbau des Lagrein in neuen Eichenfässern hält er für übertrieben.
Und Ausbau von Vernatsch bzw. Magdalener in Barriques? Davon will der Obermoser überhaupt nichts wissen. Es entspinnt sich eine angeregte Diskussion um den Stellenwert und die Qualität des Vernatsch. Leider habe der Magdalener immer noch das Image eines Weins für die ältere Generation, meint Rottensteiners Frau. Er selbst bemüht einen netten, aber bezeichnenden Vergleich. Er sei schon auf vielen Hochzeiten gewesen und jedes Mal, wenn ein schwerer Wein zum Essen kredenzt wurde, war die Begeisterung dafür anfangs recht groß, die Stimmung aber sank dann meist schnell in den Keller. Wurde hingegen ein frisch-fruchtiger Magdalener aufgetischt, hatte die Gesellschaft keinen „Heimgang“. Der Magdalener sei ein Wein, der „nouelen“ tue, d. h. er mache Lust auf noch mehr. Und so charakterisiert er auch seinen eigenen Magdalener. Bedauernswert findet Frau Rottensteiner, wenn die Einheimischen nicht zu ihrem Produkt stehen.
Der erste Wein, den wir probieren, ist ein Sauvignon 2000er, der auf ca. 500 m Höhe auf einem Gut in Obermagdalena wächst. Er hat schöne Töne nach Holunder, Brennesseln sowie eine angenehme Würze. Rottensteiner erklärt uns, dass grasige Noten durch eher unreifes Traubengut entstehen. Mit diesem Jahrgang jedenfalls sei er sehr zufrieden.
Anschließend bringt er uns einen Edelvernatsch 2000er, den er in Kaltern anbaut. Es handelt sich um einen unprätentiösen Wein mit einer dezent-fruchtigen Nase und angenehmer Trinkbarkeit. Zur Zeit produziert er davon noch 2000 Flaschen, allerdings setzt Rottensteiner vermehrt auf Cabernet und Merlot, weshalb die Lage in Kaltern vorwiegend mit diesen Rebsorten bestückt werden soll.
Sein Hauptwein aber ist, zumindest mengenmäßig, der „St. Magdalener Classico“, von dem Rottensteiner zwischen 20 und 25 Tausend Flaschen produziert. Als „süffig“ möchte er den 2000er, den wir verkosten, nicht bezeichnet wissen, dieser Befund schmälere den Wein nämlich zu Unrecht. Der Wein, den er ein halbes Jahr im großen Fass belässt, sei weich, elegant und fruchtig. Er tritt näher heran und räuspert sich, um dies zu erklären, so als wolle er dem Gesagten noch mehr Gewicht geben und nichts Unüberlegtes sagen. Es sei ein überaus bekömmlicher Wein, auch für Diabetiker geeignet, da er nur 4,2 Gramm Säure aufweise. Zugegeben, auch wir sind angetan und teilen Rottensteiners Freude über diesen kirschfruchtigen, vollmundigen Wein, der auf jeden Fall „nouelen“ tut.

Die Weinrunde bei Heinrich & Thomas RottensteinerMit dem nächsten Wein beweist der Weinbauer, dass er noch nicht alle Register gezogen hat. Der „Lagrein Grafenleiten Riserva“ 98 präsentiert sich in der Nase sehr dicht und erinnert an schwarze Waldbeeren, unterlegt von Röstaromen, ebenso im Mund besticht der Wein durch seine Konzentration. Wie uns Rottensteiner erklärt, macht der Wein den Säureabbau im großen Fass, danach lagert er 1 Jahr in Barriques, um anschließend noch 1 Jahr in der Flasche zu reifen. Da die Produktion auf 4000 Flaschen beschränkt ist, wird nur die Riserva produziert.
Überzeugend finden wir vor allem auch das Preis-Leistungsverhältnis. Rottensteiner will 22.000.- für die Flasche, und er meint dazu, ein Wein, „ders Geld nicht wert ist, ist Betrug.“ Wenn er von einem guten Wein spricht, nennt er ihn wertvoll, denn er weiß wohl zu gut, wie viel Arbeit notwendig ist, um ein gutes Ergebnis in die Flasche zu bringen.
Vorsichtig fragen wir nach dem 97er, mit dem es Rottensteiner gelungen war, auch die Verkoster des „Gambero“ zu überzeugen. Er lächelt, und man merkt ihm an, dass er es auch als Anerkennung sieht, im Weinführer vertreten zu sein. Seine Frau bringts auf den Punkt: „Wer nicht drin ist im ‚Gambero’, kritisiert, wer genannt wird, ist froh.“ Für ihn ist klar: als kleiner Bauer braucht man einen Wein, über den man redet, und einen Wein, den man trinkt. Es ist ihm wohl beides gut gelungen!

Obwohl sich Rottensteiner nur mehr einige Flaschen vom 97er für den Eigengebrauch auf die Seite gelegt hat, holt er eine Flasche hervor, und wir wissen die Großzügigkeit mit folgenden Notizen zu würdigen: Tiefdunkle Farbe, in der Nase wunderbar schokoladig, dichte Frucht nach Schwarzbeeren im Mund – ein wahrlich großer Lagrein!!
Bald rückt er mit einem weiteren Schwergewicht an, dem „Cabernet Merlot Riserva Putz“ 99, benannt nach der Lage „Putzmauer“ in Kaltern, wo der Wein wächst. Auf diese Cuvee von je 50% schwört er, da sich Merlot und Cabernet in idealer Weise ergänzen. Auch dieser Wein ist von bemerkenswerter Komplexität, wenngleich noch etwas jung, da der Wein noch ein halbes Jahr in der Flasche liegen wird.
Natürlich hat der Obermoser auch Pläne und Visionen. Reizen würde ihn ein Experiment mit Lagrein/Merlot, und er sagt es, als sei es schon mehr als eine vage Idee…
Wir sind überzeugt: Man wird vom Obermoser noch einiges hören!

Weitere Infos im Internet unter:
http://www.obermoser.it